Warum sollte man Medical Training machen?

Warum sollte man Medical Training machen?

Warum lohnt es sich, Medical Training mit seinem Hund zu machen? Welche Vorteile bringt es für den Hund, für die Bezugsperson sowie für den Tierarzt, Hundefriseur oder Physiotherapeuten? All das und mehr erfährst du in diesem Beitrag.

Die Vorteile für den Hund

Hierfür lade ich dich ein, den Tierarztbesuch ein bisschen mehr aus der Perspektive eines Hundes zu betrachten.

Die meisten Hunde machen als Welpe ihre erste Erfahrung mit dem Tierarzt. Häufig ist diese erste Erfahrung auch gar nicht mal so schlecht. Alle sind nett und geben sich besondere Mühe, nicht zuletzt, da solch ein Welpe ja auch echt niedlich ist. Auch wird in der Regel bei diesem Besuch noch nicht so viel am Hund gemacht, er wird in erster Linie ganz allgemein angeschaut und vielleicht bekommt er auch noch eine Impfung. Je nachdem, wie alt der Welpe ist (und natürlich auch, welchen Charakter er hat), ist er der Situation gegenüber mehr oder weniger stark Aufgeschlossen und (wie für Welpen typisch) überwiegt die Neugierde in der Regel gegenüber der Angst vor der unbekannten Umgebung und Situation beim Tierarzt. Und die Spritze ist schnell wieder vergessen.

Im Laufe der Zeit jedoch verringert sich diese ausgeprägte Neugierde des Welpen und weicht schließlich, bei dem heranwachsenden Hund, der Skepsis gegenüber unbekannten Dingen und Situationen. So auch bei einem Tierarztbesuch, welcher für gewöhnlich nicht alltäglich vorkommt (zumindest bei den meisten Hunden).

Diese Skepsis kann sich im Laufe der Zeit bei Hunden zu Angst entwickeln. Um besser zu verstehen, wie sich ein solcher Hund bei einem Tierarztbesuch fühlen könnte, stelle dir einen typischen Besuch aus der Sicht eines ängstlichen Hundes vor:

Ein Tierarztbesuch aus Sicht eines ängstlichen Hundes ohne Medical Training

Es ist ein kühler Morgen, als mein Mensch mich ins Auto setzt. Zuerst denke ich, wir fahren wie immer in den Park, aber dann erkenne ich den Weg – es geht zum Tierarzt. Mein Herz beginnt schneller zu schlagen. Die Erinnerung an das letzte Mal überkommt mich: fremde Hände, die mich festhalten und überall anfassen, seltsame Geräte, mit denen an mir herumgefummelt wird, und der dumpfe Schmerz, den ich verspüre. Ich verstehe nicht, warum ich dorthin muss, und warum mein Mensch mich in solch eine Situation bringt.

Als wir ankommen, möchte ich am liebsten nicht aus dem Auto steigen. Meine Pfoten fühlen sich an, als wären sie am Boden festgeklebt, doch mein Mensch zieht sanft an der Leine. Der Geruch der Praxis schlägt mir entgegen, und sofort setzt die Angst ein. Mit eingezogenem Schwanz schleiche ich ins Wartezimmer. Ich spüre die nervösen Blicke der anderen Tiere – einige winseln, andere bellen aufgeregt. Ich möchte mich verstecken, aber es gibt keinen Ausweg.

Dann wird mein Name aufgerufen. Mein Mensch spricht beruhigend auf mich ein, doch die Angst lässt nicht nach. Wir betreten einen Raum, in dessen Mitte ein hoher Tisch steht. Ich erkenne ihn sofort – gleich werde ich wieder darauf gehoben. Meine Beine zittern, als ich oben bin. Die fremden Menschen im Raum kommen näher und halten mich fest. Fremde Hände berühren mich, und ein kaltes, rundes Ding wird gegen meine Brust gedrückt. Plötzlich spüre ich, wie eine Nadel in meinen Po gestochen wird – es brennt und tut weh. Ich versuche, wegzukommen, aber ich habe keine Chance, ich werde festgehalten. Mein Mensch ist da, aber selbst seine Nähe kann mich nicht trösten. Ich verstehe einfach nicht, warum das alles mit mir passieren muss.

Der Tierarztbesuch unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von dem, was der Hund sonst aus seinem Leben gewohnt ist. Damit angefangen, dass solch eine Tierarztpraxis einen eigenen, recht speziellen Geruch hat, wie zum Beispiel nach Desinfektionsmitteln oder nach verschiedensten anderen Tieren, die dort täglich „ein und ausgehen‟. Hat einer oder mehrere der Artgenossen, welche sich ebenfalls in der Praxis aufhalten, bereits Angst vor dem Tierarzt, dann bekommt der eigene Hund diese vermutlich ebenfalls mit. Sei es, dass er sie anhand der Körpersprache des anderen Hundes sehen kann, dass er sie riechen kann oder auch, dass ein anderer Hund im Behandlungsraum laut vokalisiert oder auch mal bei einem Schmerzreiz aufschreit. Dies sind sicherlich alles Dinge, die nicht gerade dazu beitragen, die Stimmung des Hundes innerhalb der Tierarztpraxis positiv zu unterstützen.

Aber auch die (Angestellten) Menschen innerhalb der Tierarztpraxis sind anders. Zum einen tragen sie andere Kleidung, aber vor allem verhalten sie sich anders, als es ein Hund aus dem Alltag kennt. Am Anfang wird der Hund in der Regel freundlich begrüßt, vielleicht bekommt er sogar ein Leckerchen, um die Stimmung zu heben. Aber dann muss er auf den Behandlungstisch – was die meisten Hunde bereits schon nicht mehr gewohnt sind. Hier stellt sich bei vielen Hunden bereits ein deutlich vernehmbares Unbehagen ein. Erkennbar an vereinzelten oder mehreren Anzeichen, wie Fluchtversuchen vom Tisch, Lippenlecken, Gähnen, Blinzeln, zwischen den Beinen eingeklemmter Rute oder auch Zittern. Und steht der Hund dann auf dem Tisch, so läuft ab diesem Zeitpunkt solch eine tierärztliche Untersuchung in der Regel für den Hund recht distanzlos ab. Der Hund wird festgehalten und – je nach dem – mehr oder weniger stark fixiert. Dies entweder von einer fremden Person (der Praxisassistentin) oder der Bezugsperson (was sich ggf. nicht sonderlich positiv auf die Beziehung zwischen Hund und Bezugsperson auswirkt). Der Tierarzt vollzieht diverse Untersuchung: Er drückt hier und dort an dem Hund herum, fasst ihn überall an, hebelt eventuell das Maul auf oder nimmt vielleicht sogar Blut ab.

Solche Untersuchungen stellen für den Hund ohne Medical Training nicht nur eine ungewohnte Situation dar, sondern sie sind per se häufig unangenehm und manchmal auch schmerzhaft für den Hund!

Der Hund versteht den übergeordneten Sinn einer solchen tierärztlichen Untersuchung nicht! Vielmehr ist eine solche Untersuchung für ihn aus biologischer Sicht sogar völlig entgegen seiner Instinkte. Denn, wie jedes Lebewesen, strebt auch der Hund nach seiner körperlichen Unversehrtheit. Und dazu in Wiederspruch stehen viele der durchgeführten Untersuchungen. Vorneweg jene, welche beim Hund Schmerzen auslösen und damit ganz klar seine aktuelle Unversehrtheit aufheben.

Die schmerzhaften und unangenehmen Erfahrungen, aber auch die für den Hund unvorhersehbaren Situationen und der ungewohnte Umgang mit ihm, stellen für den Hund natürliche biologische Angstauslöser dar.

Jede dieser Erfahrung, vor allem jene, die der Hund als negativ bewertet, wird er als Erinnerung bei zukünftigen Tierarztbesuchen mit im Gepäck tragen. Sie spiegeln sich dann in dem Verhalten des Hundes wider. Sei es durch Fluchtversuche, die Weigerung, in die Praxis zu gehen oder sogar durch Aggressionsverhalten.

Erfahrungen mit Unbehagen, Schmerzen und unbekannten Situationen kommen natürlich nicht nur beim Tierarztbesuch vor, sondern in ähnlicher Weise auch bei der Häuslichen Pflege, Physiotherapie und dem Hundefrisör…

 

Diese negativen Erfahrungen können mit einem geeigneten Medical Training vermieden oder zumindest reduziert werden. Die Vorteile, welche sich für den Hund daraus erschließen, sind folgende:

  • Er wird bestmöglich auf oben genannte Situationen vorbereitet. Hierbei wird der Hund behutsam und langsam und im besten Fall sogar so, dass es ihm Spaß macht an verschiedenste Situationen herangeführt und gewöhnt. Dadurch sind diese für den Hund im Anschluss nicht mehr fremd, sondern er kann einschätzen was auf ihn zukommt – wodurch wiederum seine Angst immer weiter verringert wird.  
  • Auch wenn man mit Medical Training den Schmerz, wie er etwa bei einer Blutentnahme entsteht, nicht nehmen kann. So kann man jedoch mit Medical Training den Hund dazu bringen, diesen dennoch auszuhalten und während der Prozedur still zu halten und schlussendlich die Situation sogar mit etwas positivem zu verknüpfen – Im Fall, wenn er sich hierdurch ein paar schmackhafte Leckerchen verdienen kann.
  • Wenn die Bezugsperson merkt, dass ihr Hund keinen oder nur wenig Stress bei einem Tierarztbesuch hat, so geht auch sie selbst mit einem besseren Gefühl in solch einem Termin hinein. Dadurch werden solche Termine künftig wahrscheinlicher regelmäßiger wahrgenommen. Wodurch wiederum die medizinische Grundversorgung des Hundes besser abgedeckt werden kann.
  • Kann der Hund besser mit den Untersuchungen in der Tierarztpraxis umgehen und bleibt bei diesen gelassen, so reduziert sich damit auch ggf. der Bedarf an Sedierungen. Zumindest jener, welche zum alleinigen Zweck der Beruhigung und Ruhigstellung des Hundes angewendet werden.
  • Nicht zuletzt stärkt Medical Training die Beziehung zwischen Hund und Bezugsperson. Zum einen, da es gemeinsame Interaktion bedeutet. Aber noch viel wichtiger: Dadurch, dass die Bezugsperson das Befinden ihres Hundes wahrnimmt, darauf reagiert und ihm Wege aufzeigt, mit seltsamen und unangenehmen Situationen umzugehen und sie zu bewältigen.

Unseren Hunden können wir nicht mit Worten erklären, warum wir manchmal sonderbare Dinge mit ihnen anstellen. Aber wir können sie mit Training auf solche Situationen vorbereiten und ihnen dadurch die Angst und Ungewissheit vor unbekannten Situationen nehmen.

Und so kann sich die Situation bei einem Tierarztbesuch verändern, wenn der Hund durch Medical Training vorbereitet wird:

Ein Tierarztbesuch aus Sicht des Hundes mit Medical Training: Der entspannte Hund

Diesmal war alles anders. Obwohl wir wieder zum Tierarzt fuhren, verspürte ich keine Angst. Als wir ankamen, sprang ich ohne zu Zögern aus dem Auto. Die vertrauten Gerüche der Praxis lösten keine negativen Gefühle mehr in mir aus. Ruhig folgte ich meinem Menschen ins Wartezimmer.

Als mein Name aufgerufen wurde, ging ich gelassen mit meinem Menschen in den Behandlungsraum. Ohne zu zögern sprang ich auf den Untersuchungstisch. Der Tierarzt kam näher und begann mit der Untersuchung, doch diesmal blieb ich entspannt. Das kalte Stethoskop auf meiner Brust störte mich nicht mehr. Selbst als der Tierarzt mich gründlicher untersuchte, verspürte ich kein Unbehagen.

Was hatte sich geändert? Mein Mensch hatte mit mir Medical Training gemacht. Schritt für Schritt lernte ich, was mich bei einem Tierarztbesuch erwartet. Auch wenn ich noch immer nicht genau verstehe, warum das alles passieren muss, weiß ich jetzt, was auf mich zukommt – und das nimmt mir die Angst. Zudem habe ich gelernt, wie ich Einfluss auf die Untersuchung nehmen und sogar aktiv mitarbeiten kann. All das gibt mir ein Gefühl der Sicherheit, und ich kann diesen Besuch nun ohne Furcht erleben.

Die Vorteile für die Bezugsperson

  • Der wohl ausschlaggebendste Vorteil für die Bezugsperson ist, dass sie ihrem Hund gegenüber kein schlechtes Gewissen mehr haben wird, wenn dieser unbefangen zu einem Tierarztbesuch gehen kann.
  • Aber auch selbst durchgeführte Pflegemaßnahmen können von der Bezugsperson einfacher, schneller und gründlicher ausgeführt werden.

Die Vorteile für die Person, welche die Massnahmen durchführt (zum Beispiel der Tierarzt)

  • Dadurch, dass der Hund gelernt hat, mit den Untersuchungen umzugehen, wird er bei diesen weniger oder keine Angst mehr zeigen, wodurch wiederum die Gefahr minimiert wird, dass er aus einer Abwehrreaktion heraus zubeißt.
  • Die Untersuchung kann in einem längeren und entspannteren Zeitraum durchgeführt werden, da der Hund gelernt hat, auch für längere Zeit still zu halten.
  • Auch die Qualität der Untersuchung wird gesteigert, da der Hund während dieser nicht herumzappelt.
  • Bleibt der Hund bei den Untersuchungen relativ gelassen, so können die Vitalfunktionen besser beurteilt werden. Andernfalls könnte zum Beispiel die Herzfrequenz oder Schleimhautfarbe unnötig verfälscht werden, falls der Hund während der Untersuchung sehr aufgeregt ist.

Hier noch mal alle Vorteile im Überblick

Für den Hund:

  • Keine / weniger Angst
  • Gesundheit wird besser aufrechterhalten/ gepflegt
  • Der Hund macht Positive Erlebnisse/ Erfahrungen
  • Kann sich Futter erarbeiten
  • Stärkung der Beziehung zur Bezugsperson
  • Narkosen werden seltener eingesetzt

Für die Bezugsperson:

  • Kein schlechtes Gewissen gegenüber seinem Hund
  • Stärkung der Beziehung zum Hund
  • Pflegemaßnahmen können besser durchgeführt werden

Für die Person, die die Maßnahmen durchführt:

  • Verletzungsgefahr (z.B. Bissverletzung) wird minimiert
  • Hat mehr Zeit für die Maßnahmen, da der Hund gelernt hat, auch für länger still zu halten/ mitzumachen
  • Kein zappeliger Hund – wodurch die Qualität in der Durchführung der Maßnahmen gesteigert wird
  • Ungetrübte Vitalfunktionen können aufgenommen werden

Offene Fragen?

Sind noch Fragen offen oder fehlt dir etwas? Dann zögere nicht, mich über meine Kontaktseite zu erreichen oder direkt eine E-Mail an info@MTHund.com zu schreiben!! Ich freue mich über jede Anregung, um dein Erlebnis auf meiner Seite noch weiter zu verbessern.

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